1844 – 1909
Ins
halb schon tote Herz. ins alte, grüßen
Noch
einmal Vogelsang und Sommerranken.
Wie
blau der Himmel; welch ein lustig Schwanken
Der
grünen Blätter, die sich neckend küssen.
Und
nun das herbe Abschiednehmenmüssen.
Vorbei,
wie zögernd, gleiten in Gedanken
Die wenigen
Stunden, die ins Herz mir sanken
Mit
reinen Seligkeiten und Genüssen.
Gönnt
mir den letzten Trunk aus diesen Schalen,
Eh ich
hinab muß in die grauen Gründe;
O
gönnt ihn mir als letzte meiner Qualen!
Lebt
wohl! Klagt euerm Gott all meine Sünde!
Ihr
kennt die Schmerzen nicht, die in mein Leben
Sich
gruben; sonst – ihr würdet mir vergeben.
1844 – 1909
Die Hand, die zitternd in der
meinen lag
Am Maientag, als weit die
Amseln sangen,
Die heimlich mir, ein unbewußt
Verlangen,
Im Garten einst die frische
Rose brach.
Die mir, wenn staubbedeckt der
heiße Tag
In Mannespflicht und Arbeit war
gegangen,
Am weißen Arme blitzten goldne
Spangen,
Den kühlen Trunk kredenzte im
Gemach.
Die liebesstill manch Hindernis
entrückte
Und breite Sorgenströme
überbrückte,
Die treue Hand, die schöne,
anmutreiche.
O laß sie ruhen einst auf
meinem Herzen,
Wenn ich verlasse dieses Land
der Schmerzen,
Daß ich gesegnet bin, wenn ich
erbleiche.
1844 – 1909
I.
Es ebbt. Langsam dem Schlamm und
Schlick umher
Enttauchen alte Wracks und
Besenbaken,
Und traurig hüllt ein graues
Nebellaken
Die Hallig ein, die Watten und
das Meer.
Der Himmel schweigt, die Welt
ist freudenleer.
Nachrichten, Teufel, die mich
oft erschraken,
Sind Engel gegen solchen
Widerhaken,
Den heut ins Herz mir wühlt
ein rauher Speer.
Wie sonderbar! Ich wollte
schon verzagen
Und mich ergeben ohne
Manneswürde,
Da blitzt ein Bild empor aus
fernen Tagen:
Auf meiner Stute über Heck und
Hürde
Weit der Schwadon voran seh
ich mich jagen
In Schlacht und Sieg,
entlastet aller Bürde.
II.
Bist du es wirklich? sitz ich
neben dir?
Und stoßen aneinander unsre
Gläser?
Spielt irgendwo ein
Flötenbläser
Sein sanftes Schäferstückchen,
dir und mir?
Und sitzen in der alten Halle
wir,
Am Pfeiler dort der Kranz der
Ährenleser,
Noch unverwelkt die Blumen und
die Gräser?
War gestern unser letztes
Erntebier?
Wie Gruß aus Grüften ruft der
Regenpfeifer;
Häßlich herüber schreit das
Möwenheer,
Der see-enttauchten Bank
Besitzergreifer.
Langweilig, öde, gleißt das
Wattenmeer,
Gezwungen schläft das Schiff,
der Wellenschweifer,
Und einsam ist die Erde, wüst
und leer.
III.
Wie
klar erschienst du heute mir im Traum!
Wir
saßen in der Kneipe fest und tranken,
Bis
wir gerührt uns in die Arme sanken,
Auf
unsern Lippen lag der erste Flaum.
Dein
falber Wallach schleifte Zeug und Zaum,
Und
biß und schlug und warf den Hals, den schlanken.
Im
Sattel sah ich dich, erschossen, schwanken
Und
hinstürzen am wilden Apfelbaum.
Die Watten
stinken wie das Leichenfeld,
Wo
viel Erschlagne faulen nach der Schlacht,
Tagüber
sonnbeschienen ohne Zelt.
Geheimnisvoll,
wie tot in Bann und Acht,
Sinkt,
grau und goldumhaucht, die Halligwelt,
Und
aus der Abendröte steigt die Nacht.
Halt,
Mädchen, halt! und sieh dich um geschwind,
Viel
Schiffe schaukeln westwärts durch die Wellen,
Viel
hundert bugumspritzte Sturmgesellen,
Hengist
und Horst befahlen Weg und Wind.
Du
lachst mich aus und zeigst dich völlig blind,
So
mögen aneinander sie zerschellen.
Hier
aber blitzen Fliegen und Libellen,
Verzieh
ein Stündchen, frisches Friesenkind.
Auch
uns hat heut der Juni eingewiegt,
Und
Schmetterlinge selbst, die Gauklerbande,
Sind
durch die Frühlingsstürme nicht besiegt.
Auch
hier ein Sommertag, an diesem Strande,
Wo
alles schwirrt und flirrt und flitzt und fliegt,
Aus
Freude flimmert selbst der Stein im Sande.
Von
Norwegs Felsen klingt es zu mir her,
Ein
Lied so rührend und im Klang so leise,
Wie
Sommerwellgespül dieselbe Weise;
Ein
armer Geistgetrübter singt so schwer.
Ein
junger blonder König steht am Speer,
Auf
rotem Vorsprungriff; um ihn im Kreise,
Das
Haupt zur Erde, kauern hundert Greise.
Er
singt das Lied und schaut hinaus ins Meer.
Lautlose
Stille rings. Von Zeit zu Zeit
Tutet
das heisere Horn der Küstenwachen;
Der
Rabe macht entsetzt die Flügel breit.
Weit,
weit antwortet wo der Fischernachen,
Der
sich im Nebel schwer vom Eis befreit,
Schollen,
die knirschen und ihn wüst umkrachen.
1844 – 1909
Der
eine hatte Geld und just genug,
Des
Lebens Schwere ruhig zu ertragen;
Nach
keinem Menschen braucht Mylord zu fragen,
Und
keines Hospodaren Rock er trug.
Der
andre trieb im Schweiße seinen Pflug,
Hoch
wie die Wolken sah das Glück er jagen,
Auf
jeder Rennbahn blieb zurück sein Wagen,
Statt
Weines fand er nur den Wasserkrug.
Der
erste sprach, als ihn der Tod umfing
Und
ihm den schwarzen Mantel überhing:
Ich
sterbe gern, es rufen mich die Sterne.
Der
zweite rief, als er die Augen schloß
Und
ihn die träge Welle überfloß:
Kein
Eden will ich, ach, wie sterb ich gerne!